Wir sind verantwortlich

Hat mein Leben überhaupt einen Sinn? Bewirke ich etwas? Schade ich vielleicht sogar mit dem, was ich tue, anderen?

Mit solchen Fragen in Bezug auf meinen Beruf beschäftigte sich der letzte Beitrag. Dort ging es um Charakterfehler.

In diesem Beitrag möchte ich einen Appell loswerden, der in eine andere Richtung weist. Er lautet:

Unterschätze Deine Bedeutung als Mensch nicht! Du bist sehr mächtig trägst Verantwortung! [Die Streichung stammt von einer Überarbeitung des Blocks].

Wenn ich auf mein Leben (zurück-)blicke, ist mein Leben eine Geschichte von menschlichen Begegnungen. Ob traumatische Eindrücke, Freude, Lernen, Liebe, Entwicklung, Spiritualität – alles geschehen durch Menschen, Begegnung, Gespräch. Wenn ich nur an die erste Zeit meiner Trockenheit denke,

  • wie es dort eine AA-Oldtimerin gab, die mich wie ein weiser Engel durch die Versuchungen und die emotionalen Leiden begleitete, mich ermutigte und mir immer wieder den Weg wies.
  • An die Freunde und Sponsoren, die mir ihre Zeit und Genesung schenkten.
  • Oder Menschen, die in Meetings meine bewunderten Vorbilder und Lehrer wurden. Oft wirkt schon die Anwesenheit bestimmter Menschen beruhigend, anregend oder freudespendend.

An allen Wendepunkten meines Lebens fand ich diese Förderer, Ratgeber, Lehrer und Freunde.

Das alles sind Menschen mir gewesen! Das bedeutet aber auch: Das alles kann ich Menschen sein! Unsere kleinsten Gesten können große Auswirkungen haben. Natürlich geht es hier nicht darum, Größenwahn oder Kontrollillusionen zu nähren. Ich bleibe auf meiner Straßenseite. Ich versuche lediglich, selber das Richtige zu tun – die Ergebnisse überlasse ich der Höheren Macht.

Aber die Höheren Kräfte wirken gerade auch durch Menschen. Immer und immer wieder habe ich es erfahren. Deshalb: Denke nicht zu klein von dir! Das ist eine Ausrede, das ist Angst! Die Höheren Mächte sind wirklich groß! Sie brauchen aber Mit-Wirkende!

Also: Sollte meine aktuelle Tätigkeit im Beruf als solche nicht sehr sinnvoll sein – spende ich denn meine Herzenswärme den Kollegen? Mache ich ihnen eine Freude? Bin ich hilfreich? Das sind meine Fragen. Wenn ich es tue – ist alles gut. Wer weiß, wessen Engel ich heute sein darf?

Nachträge (18. Januar/ 24. Februar 2020): Ich bin von einer Leserin darauf hingewiesen worden, dass die Verwendung des Begriffes „mächtig“ missverstanden werden kann. Tatsächlich:

  •  Selbstüberschätzung und übersteigertes Verantwortungsgefühl (grandiosity) kennzeichneten auch meine Suchtzeit. Auch heute kommt es vor, dass ich mich in meiner Co-Abhängigkeit für Sachen verantwortlich fühle, für die ich es nicht bin. Ich bin nur verantwortlich für das, was ich tue und für meine Haltungen und Einstellungen; nicht für das, was außerhalb dieses Verantwortungsbereiches geschieht. Ich sage es oft bewusst zu mir selbst, als Affirmation, wenn ich zum Beispiel vor einer bestimmten Begegnung verantwortlich bin: „Du bist nicht dafür (für die Situation, das Verhalten oder die Gefühle eines Menschen, z.B. eines Sponsee, etc.) verantwortlich.“
  • Und natürlich habe ich auch keine Macht oder Kontrolle über Lüsternheit. Das wäre der größte Irrtum. Aber als Süchtiger neige ich natürlich immer wieder auch zu großen Irrtümern.
  • Ja, richtig: Der Begriff „mächtig“ kann mächtig des Ego füttern und da wird es gefährlich für mich.

Vielleicht könnte man auch (besser?) statt „Wir sind mächtig“ sagen: Wir haben Einfluss, wir haben Verantwortung. OK, ich ändere die ursprüngliche Überschrift. Und ich freue mich über Gedanken und Reaktionen im Kommentarbereich.

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