Dies ist der zweite Teil eines Artikels, der aber auch unabhängig vom ersten Teil gelesen werden kann.
Bevor ich mich durch das Schritteprogramm besser kennengelernt habe, war mir nicht bewusst, dass ich auch Emotionen süchtig konsumiere. Ich gehe in meinen Inner Drugstore und nehme eine Portion Angst, Bedrückung, Hochgefühl etc. ein. Diese Gefühle sind für mich Drogen. Ich möchte von ihnen ebenfalls „trocken“ werden und bleiben.
Einige Gedanken hierzu, wiederum angeregt durch einen Tagebucheintrag von Hans Glaser (Februar 1967):
Mut gepaart mit Verzicht.
Im Mut, mit dem man sich selbst bezwingt, verzichtet man zum Beispiel auf die Befriedigung, die aus der Emotion kommt.
Bei ACA habe ich erfahren, dass es für Erwachsene Kinder typisch ist, süchtig nach Aufregung („addicted to excitement“) zu sein. Wenn ich die Aufregung auf meinem inneren Tablett sehe, wie sie zappelt und ergriffen werden will, wie sie mich wegziehen will… und ich verzichte darauf, sie zu ergreifen, „in“ sie einzusteigen, nehme sie statt dessen zur Kenntnis; lasse sie zappeln, wende mich in der Besinnung der Quelle der Ruhe zu. Das ist ein Verzicht. Genauso, wie ich als Sexsüchtiger glaubte, nur dann von dem lüsternen Sog frei zu werden, wenn ich ihm folge – und dann wieder und wieder abstürzte, genauso glaube ich als Erwachsenes Kind, dem Sog der Aufregung folgen zu müssen.
Ich übe: Ich muss es nicht. Ich kann loslassen. Das ist die dritte Option zwischen dem bloßen Unterdrücken des Impulses (Vorsicht: Explosionsgefahr!) und dem Ihm-Nachgeben. Ich sehe den Impuls, nehme ihn an als Wirklichkeit, identifiziere mich nicht mit ihm, tue eine Handlung der Genesung – und lasse los.