Als ich 2012 zu den Anonymen Sexaholikern (AS) kam, war ich bereits vorher bei den Anonymen Alkoholikern (AA) vom Alkohol trocken geworden. Ich kannte also diese Art von Gruppe schon und auch das Zwölf-Schritte-Programm. Und ich kannte sogar schon einige Gruppenmitglieder, so dass der Einstieg für mich sehr einfach war. Ich war einfach voller Hoffnung, dass mir AS bei meiner Sexsucht genauso gut helfen würde, wie vorher die Anonymen Alkoholiker beim Alkohol.
Für die meisten Neuen ist die Situation anders. Sie wissen nicht, was sie erwartet. Sie haben Angst, jemanden zu treffen, den sie kennen (so war es auch bei mir, als ich neu zu den AA kam). Sie haben Angst, dass etwas auf sie zukommen könnte, was ihnen nicht gefällt. Sie haben vielleicht vorher noch nie offen über ihre Sucht gesprochen und sind voller Scham, Angst und Unsicherheit. Manchmal war irgendeine kleinere oder größere Katastrophe der Anlass, nach Hilfe zu suchen. Manchmal war es auch einfach das Gefühl, dass es so nicht mehr weitergeht.
Wenn Neue ins Meeting kommen, machen in Deutschland die meisten Gruppen ein Newcomer-Meeting, in dem sich der Neue vorstellen kann. Persönliche Daten braucht er dabei nicht anzugeben, es gibt keine Mitgliederlisten, keine Beiträge, keine formale Mitgliedschaft etc. Wer will, kann bei AS vollständig anonym bleiben.
Oft bieten die Gruppen Neuen eine temporäre Sponsorschaft an. Sponsorschaft ist ein wichtiges Prinzip von AS. Es bedeutet, dass ein Sexaholiker einen anderen Sexaholiker auf seinem Genesungsweg unterstützt. Der Sponsor hat eine stabile Trockenheit und schon Erfahrungen auf dem Genesungsweg gesammelt. Er unterstützt den Sponsee (den, der gesponsort wird) beim Trockenwerden und Trockenbleiben und begleitet ihn durch die zwölf Schritte. Sponsorschaft ist kostenlos und für beide Seiten absolut freiwillig. Der Sposnor sponsort, weil es ihm selber hilft, trocken und auf dem Weg der Genesung zu bleiben. Der Sponsee nimmt die Sponsorschaft für sich in Anspruch, um trocken zu bleiben. Beide Seiten tun es also für sich, so dass niemand dem anderen etwas schuldet (natürlich einen anständigen und ehrlichen Umgang miteinander, aber das versteht sich von selbst. Ansonsten beendet man eben die Sponsorschaft).
Eine temporäre Sponsorschaft wird bewusst zunächst nur für einen gewissen Zeitraum vereinbart, damit Sponsor und Sponsee ausprobieren können, ob die Sponsorschaft für sie funktioniert. Natürlich kann eine Sponsorschaft sowieso jederzeit von jedem beendet werden. Trotzdem ist gerade für den Neuen der Schritt oft leichter, sich jemandem zu öffnen, wenn er weiß, es ist ganz bewusst und erklärt zunächst nur testweise für einen gewissen Zeitraum (ich schlage meistens einen Monat als Zeitraum vor). Und auch für den Sponsor ist es hilfreich, erst eine Art Probezeit zu vereinbaren: Bei mir ist es zum Beispiel so, dass ich erst ausprobieren möchte, ob sich die zeitlichen Wünsche und Möglichkeiten des Sponsees mit meinen vereinbaren lassen.
Wenn also der Neue nach dem ersten Meeting die angebotene, temporäre Sponsorschaft in Anspruch nimmt, wie kann es dann weitergehen? (Fortsetzung hier)