Heute morgen fühlte ich mich angespannt und unzufrieden. Ich habe versucht, meine Frau nicht in Mitleidenschaft zu ziehen. Sie machte mir Brote für die Arbeit und versuchte in sehr freundlicher Weise, mir von ihrer Positivität etwas abzugeben.
Als ich anschließend an der Straßenbahnhaltestelle stand, fielen mir die Kurzmitteilungen einer psychisch kranken Frau und ihres depressiven Mannes ein, die ich tags zuvor in einem sozialen Netzwerk gelesen hatte. Sie hatten sich gerade getrennt und waren in Geld- und Seelennot. Andere, die ihren Beiträgen folgten, versuchten, die beiden mit aufmunternden Kurznachrichten zu unterstützen.
Da wurde mir klar, wie viel Hilfe ich an diesem Morgen schon bekommen hatte. Es war nicht nur die Zuwendung meiner Frau, die mich auch noch liebevoll in den Arm genommen hatte. Ich hatte auch bereits, eine Viertelstunde mit einem
Programmfreund telefoniert, eine feste Verabredung ,die ich zwei Mal in der Woche habe. Außerdem hatte ich noch kurz einem weiteren Programm-Freund auf den Anrufbeantworter gesprochen und auf diesem Wege ein lüsternes Bild ans Licht gebracht, das in meinem Kopf herumspukte. Und ich hatte Zwölf-Schritte-Literatur gelesen und einen Blogbeitrag geschrieben.
Wartend auf die Straßenbahn wurde mir klar, wie aufgehoben ich bin mit diesem Netzwerk aus Menschen, Gedanken und meiner persönlichen Spiritualität. Das alles war so ermutigend und schön. Ich habe den Weg der Genesung gefunden und kann ihn jederzeit und wegen jedes Themas gehen. Ich habe Freunde und Wegbegleiter. Ich weiß, auf diesem Weg kann ich weiter gesunden. Die negativen Gefühle halten nicht ewig an; sie sind wie Wolken, und wie Wolken ziehen sie auch schon weiter. Was bleibt ist das Leben, zu dem ich jetzt, in diesem Moment, wieder ja sage. Einen Tag nach dem anderen, immer nur für heute.