Es geht immer um Gott, uns selbst und andere Menschen

Durch meinen Sponsor bin ich darauf aufmerksam geworden, dass die in der Überschrift genannten Drei – Gott, ich selbst und andere Menschen – im Zwölf-Schritte-Programm immer wieder eine große Rolle spielen. Sie sind in dieser Reihenfolge im fünften Schritt aufgezählt:

Wir gaben Gott, uns selbst und einem anderen Menschen gegenüber unverhüllt unsere Fehler zu.

Diese Dreiheit hat aber nicht nur grundlegende Bedeutung für den fünften Schritt, sondern sie ist für mein ganzes Leben fundamental:

In meinem früheren Leben gab es vor allem eins: Mich selbst. Ob traurig, wütend, ängstlich, fröhlich, auf der Jagd nach Lüsternheit, beim lüsternen Ausagieren oder betrunken vom Alkohol: Es ging fast immer darum, wie es mir ging, was ich jetzt tun konnte, was mir drohte usw. Ich sehnte mich zwar nach Begegnung mit anderen Menschen und nach geistiger Nahrung. Aber meine Traumata und die Süchte standen meiner Entwicklung im Weg.

Durch den Einstieg ins Zwölf-Schritte-Programm änderte sich das, langsam, aber grundlegend:

  • Es kam der Gedanke an eine Höhere Macht, an Gott, wie ich ihn verstehe, in mein Leben. Nach und nach konnte ich es annehmen, mich an diese Höhere Macht oder Kraft zu wenden. Ich wurde bereit, sie wirken zu lassen. Das war wirklich zuerst schwer für mich. Aber ich ließ mich darauf ein.
  • Außerdem erlebte ich andere Menschen neu. In meiner süchtigen Zeit waren sie in erster Linie die unberechenbaren, mal angenehmen, mal unangenehmen Statisten in meinem Leben. Da sich alles um mich drehte, fiel es mir schwer, sie als selbständige Ich-Wesen mit eigenen Gefühlen, Wünschen, Gedanken und Plänen erkennen zu können. Jetzt lerne ich im Programm, wie wichtig es ist, zu versuchen, anderen Menschen hilfreich zu sein. Ihnen ehrlich, offen und tolerant zu begegnen. Im Blauen Buch heißt es, dass unsere Losung jetz „Liebe und Toleranz“ heißt.
  • Schließlich wandte ich mich auch neu mir selbst zu. Ich begriff, dass ich mir selbst gegenüber ehrlich sein musste. Ich muss zu mir auch liebevoll und großzügig sein. Ich erkannte, dass ich in meiner Kindheit einiges erlebt hatte, dass mir das weitere Leben schwer gemacht hat. Und dass meine Sucht und meine Angst verständliche Reaktionen auf diese Erlebnisse waren. Jetzt entwickele ich auch ein neues Verhältnis zu mir selbst. „Wir lernen, uns selbst mit Sanftheit, Humor, Liebe und Respekt gute Eltern zu sein,“ heißt es sinngemäß in der ACA-Lösung.

 

  • Tatsächlich versuche ich heute, Gott an die erste Stelle zu setzen, schon zeitlich: Der Tag beginnt mit einem Gebet um Trockenheit und endet mit einem Dank dafür. Auch ansonsten merke ich immer wieder, dass die Dinge nur laufen, wenn ich nicht aus meinem Ego-Willen, sondern aus einem objektiveren Willen heraus handele. Dass das oft auch nicht klappt, ist natürlich – Unperfektheit ist menschlich.
  •  Ich selbst stehe an der zweiten Stelle:Im neuen Testament heißt es:

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.

Nur wenn ich ehrlich zu mir selbst bin und liebevoll mit mir selbst umgehe, kann ich mich dem anderen genauso zuwenden. Und ich muss mir meine Fehler verzeihen. Nur dann kann ich auch anderen Menschen verzeihen.

Aber ich brauche auch den anderen Menschen. Es ist ein Geschenk, für andere da sein zu können. Es ist auch ein Geschenk, Freundschaften zu gewinnen und pflegen. Wenn ich mich nur mit Gott und mir selbst beschäftige, bin ich schnell wieder im Ego oder im ausgedachten Wolkenkukuksheim. Erst wenn ich andere Menschen mit hineinnehme, werde ich ganz.

Gott, ich selbst und andere Menschen: Sie alle gehören in mein bewusstes Leben. Sie alle spielen eine Rolle in der Schrittearbeit, ob im ersten, dritten, fünften, zehnten oder zwölften Schritt.

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