Nein, ich meine nicht eine Pause vom Zwölf-Schritte-Programm, sondern tatsächlich die besondere Rolle, die die Pause – das Innehalten – im Zwölf-Schritte-Programm hat. Ein Programm-Freund hat mich heute auf dieses Thema gebracht.
Wenn es zum Beispiel so ist, dass ich auf der Arbeit richtig „in Fahrt“ bin, dann kommt ein schwieriger Anruf, ich fühle mich unter Druck, soll eine schnelle, wichtige Auskunft geben…
STOPP
Wenn wir tagsüber unruhig sind oder in Zweifel geraten, machen wir eine Pause und bitten um richtiges Denken und Handeln.
Anonyme Alkoholiker, Seite 101
Das ist ein Moment der Weichenstellung: Wenn ich diesen Moment des Innehaltens nicht bekomme, reagiere ich ungebremst aus meiner Angst, Unsicherheit oder anderen Charakterfehlern heraus. Wenn ich den Moment durch Übung erkenne,
- kann ich das kurze Gebet zu den helfenden Mächten senden
- durchatmen
- meine Schultern absenken, lockern
- beobachten, „was in mir abgeht“, meine Muster erkennen, in denen ich reagieren „will“
- evtl. eine Kurzinventur schreiben
- evtl. jemanden anrufen, die Situation teilen
und ich muss nicht mehr „automatisch“ reagieren. Ich bekomme eine Wahl.
Eine andere Pause im Programm ist die notwendige, wenn ich Groll- und Wut-Gefühle bekomme:
Wenn Groll-Gedanken hochkommen, versuche, eine Pause einzulegen und mache dir bewusst, womit du gesegnet bist.
(Frei übersetzt. In der deutschen Übersetzung heißt es wörtlich: „Wenn Groll aufkommt, halten Sie inne und machen sie sich klar, wie gut es Ihnen geht.“ Anonyme Alkoholiker, Seite 138; und im Original: „“When resentful thoughts come, try to pause and count your blessing.“ Alcoholics Anonymous, p. 119)
Diese Stelle richtet sich zwar „An die Ehefrauen“ von Alkoholikern, sie trifft aber mindestens genauso auf den Süchtigen selbst zu. Bei Groll und Resentments verfalle ich in Selbstmitleid, fühle mich als Opfer und sehe das Glas nur „halb leer“. Es ist aber halb voll! Das beste Genesungs-Werkzeug, um die Segnungen zu sehen und dann auch zu fühlen, ist die Dankbarkeitsliste: Im Moment des Grolls eine Pause machen und zehn Dinge/ Umstände/ Tatsachen aufschreiben, für die ich dankbar bin.
„Ich bin dankbar, dass ich lebe. Ich bin dankbar, im Frieden zu leben. Ich bin dankbar…“
Vielleicht erweist sich das Glas sogar als voll…
Ein letztes Beispiel:
Ich komme nach Hause. Irgendetwas gefällt mir nicht. Ich will gerade anfangen, mich zu beklagen…
W.A.I.T.
Why Am I Talking? Warum rede ich bzw. will ich reden? Was sind meine Motive?
Schon habe ich wieder die so wichtige Pause.
Und zu erregten Gesprächen zwischen Partnern heißt es in „Anonyme Alkoholiker“ (Seite 137, leicht verändert):
Wenn sie eine heiße Diskussion haben, egal um welches Thema es geht, sollten sie darum wetteifern, wer als erster lächelt und sagt: „Jetzt wird es ernst. Es tut mir leid, dass ich mich so gehen ließ. Wir wollen später darüber sprechen.„
Lass‘ uns eine Pause machen. Lass‘ uns uns nicht verletzen. Wir müssen uns nicht kränken oder verletzen.
Das bewusste Innehalten ist schon eine Handlung der Genesung. Ich gebe den helfenden Kräften eine Chance, mich zu unterstützen, dass ich aus meinen Mustern herauskommen kann. Dass ich einen weiteren Schritt in die Freiheit, eine Erfahrung der Freiheit machen kann.
(Wenn die Themen Spiritualität und Gebet schwierig für Dich sind, findest Du u.a. hier und hier Beiträge dazu.)