Die leise Stimme in mir

Ein AS-Freund sagte im Meeting, dass er noch nie die „Stimme“ Gottes gehört habe. Gott spreche aber durch die Freunde in den Meetings zu ihm.

Ich hätte das bis vor kurzem auch so formuliert. Aber seit einigen Monaten sehe ich das anders. Ich nehme eine „Stimme“ in mir wahr. Es ist keine laut sprechende Stimme. Es ist ein leises Gedanken-Auftauchen. Wie ein zartes Tuch, das kurz auffliegt. Aber trotzdem ist die Botschaft wahrnehmbar. Diese Stimme warnt, fragt und weist hin.

Man könnte natürlich sagen: Was soll das denn mit Gott zu tun haben? Das ist, je nachdem, einfach Intuition oder die Stimme des Gewissens.

Aber was ist denn Intuition? Wer spricht denn als Gewissen? Ich allein? Wenn ich mich von alten Gottesbildern löse, wenn ich Gott gerade nicht nach „Außen“ verlagere, wenn Gott in mir ist und ich in Ihm bin – dann klingt diese leise Stimme in diesem inneren Wahrnehmungs-, Begegnungs- und Gesprächsraum, den ich in mir für Gott schaffe. Ist es so abwegig, dass sie die Stimme der helfenden himmlischen Kräfte ist?

Früher konnte ich sie gar nicht wahrnehmen. Heute nehme ich sie regelmäßig wahr – folge ihr nur nicht immer, weil der Eigenwillen, meine Angst, meine Charakterfehler im Wege stehen.

Das Erlebnis, wodurch mir dies bewusst wurde: Im Sommer stach mich eine Wespe in die Lippe, als ich in ein Stück Pizza biss. Unmittelbar vor dem Zubeißen nahm ich die Warnung wahr, erst nachzusehen, bevor ich hineinbeiße. Als die Wespe stach, hatte ich Angst, der Stich tat weh; aber ich wusste: Ich hatte „es“ in mir gehört – und dennoch nicht „wahr genommen“, weil ich nicht ruhig genug war – zu unfrei, hektisch, zu gierig nach dem Essen.

Und ich erinnerte mich auch an eine andere Situation kurz vorher, in der eine bestimmte Frage in mir aufgestiegen war. Ich unterließ es, die Frage zu stellen. Und tatsächlich erwies sich die nicht gefragte Frage später als bedeutsam. Noch mehr Beispiele fielen mir ein. Ich hatte sie nur oft nicht ernstgenommen!

Natürlich kann man sagen: Du hattest die Wespen vorher halbbewusst gesehen, daher deine vermeintliche Intuition.

Aber seitdem ich nach diesem Bewusstwerdungserlebnis hinhöre, nehme ich die Stimme immer wieder wahr.

Es ist die gleich Stimme, die manchmal geschrieen, manchmal gewimmert hat, wenn ich mich im Ausagieren betäubt und verloren habe.

Ist es der Engel? Wenn der Lärm aus Eigenwillen und Angst abklingt, weil ich loslasse, dann können in der Stille die höheren Kräfte sprechen. Es ist so wichtig, diesen inneren Raum zu schaffen und zu schützen. Dieser Raum entsteht in der Pause. In dieser können die helfenden Kräfte sprechen. Ob als Intuition, Gewissen oder als Frage.

Jetzt geht es um den Ausbau dieses Wahrnehmungsraums und um das Zuhören. Und darum, der Stimme zu folgen folgen. Mir treu zu sein.

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