61 Blogbeiträge waren es im vergangenen Jahr, wenn ich richtig gezählt habe. Gestern, an Sylvester, hatten wir mittags noch ein AS-Meeting und sind anschließend Essen gegangen, inklusive Partner. Es gibt nichts Schöneres, als das Zusammensein mit einer Gruppe trockener Sexsüchtiger, die auf dem Weg der Genesung sind.
Wer das nicht erlebt hat, kann es sich vielleicht nicht vorstellen. Denn die aktive Sexsucht ist zerstörerisch: Sie zerstört Familien, Partnerschaften, Karrieren und Seelen. Sie isoliert und quält die Betroffenen. Manchmal wird sie auch in einer übergriffigen oder strafbaren Art und Weise ausgelebt. Wer das alles weiß und nicht weiß, dass es einen Weg aus der Sucht heraus gibt, der kann schon verzweifeln.
Es gibt diesen Weg aber. Die Sexsucht ist eine unheilbare Krankheit, mit der sich aber sehr gut leben lässt. Denn das Suchtmittel – Lüsternheit – kann erkannt und vermieden werden. Ohne Lüsternheit kein zwanghaftes Ausagieren.
Das erscheint zunächst unmöglich. Aber: Ich muss der Lüsternheit nie für ewig „abschwören“. Sondern ich bin immer nur für einen Tag trocken und auf dem Weg der Genesung – nur für heute!
Es gibt außerdem zum Glück auch langjährig Trockene, die den Beweis erbracht haben, dass aus einem Tag nach dem anderen viele Jahre werden, bis dann trocken das „große Loslassen“ ansteht. Nach einem erfüllten Leben.
Nachdem ich trocken geworden war, war einer meiner tiefen Wünsche, die Angst vor dem Sterben loslassen zu können. Denn dieses ganze Weglaufen mit Hilfe unterschiedlicher Suchtmittel war auch ein Kontrollversuch, dass Jetzt festzuhalten, im Rausch, zu meinen Bedingungen. „Es“ sollte nicht vorbeigehen. Es sollte so sein, wie ich es wollte, und es sollte auch so bleiben. Wahnsinn. So viel Kampf. So viel Scham.
Heute sehe ich den Fluss des Lebens. Von ihm möchte ich Teil sein. Die Angst loslassen, ihn bejahen in dem Bewusstsein, dass ich ihn nicht kontrollieren kann. Gar nicht. Zu ihm möchte ich etwas Hilfreiches beitragen.
Für das neue Jahr gibt es Ideen und Projekte (ein Meeting in einer Suchtklinik eröffnen, einen Workshop organisieren, vielleicht einen neuen Schritt Richtung Gefängnisarbeit unternehmen?). Vor allem möchte ich das AS-Programm noch mehr in meine „dunklen Ecken“ hineinnehmen (ein Stichwort ist: Bringe das Programm hinein in dein Berufleben). Ich möchte endlich die letzten Wiedergutmachungen in Schritt 9 machen. Überhaupt: Ich möchte wieder stärker in die Mitte des AS-Rettungsfloßes rücken, damit mich auch starker Wellengang nicht über Bord befördern kann. (Ein AS-Oldtimer nimmt immer das Bild von AS als einem runden Rettungsfloß und empfiehlt, einmal zu überlegen: Wo sitze ich in diesem Floß? Sicher in der Mitte? Eher am Rand? Evtl. schon ganz am Rand, so dass ich beim nächsten „Schaukeln“ über Bord gehe?)
Ich wünsche allen, die noch in der Sucht festhängen, dass sie den Weg der Genesung finden. Dieser kann bei AS beginnen mit Meetings, einem Sponsor und der Schrittarbeit. Dieses neue nüchterne Leben lohnt sich so sehr!
Ich wünschen allen Besuchern dieser Internetseite ein gutes, freudvolles, nüchternes Jahr 2020!